München ist bekannt für das Oktoberfest, für bayerische Gemütlichkeit, für den FC Bayern und für seine Lage zwischen Alpen und Isar. Doch in den letzten Jahren hat die Stadt eine ganz neue Seite gezeigt – als Hotspot für American Football.
Als die National Football League (NFL) 2022 zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein reguläres Saisonspiel auf deutschem Boden austrug, war München die Bühne dieses historischen Moments.
In der ausverkauften Allianz Arena trafen die Tampa Bay Buccaneers um Superstar Tom Brady auf die Seattle Seahawks – und machten München für ein Wochenende zum Mittelpunkt der amerikanischen Sportwelt.
Was als Experiment begann, entwickelte sich zu einer Erfolgsstory. München zeigte, dass American Football hier nicht nur funktioniert, sondern gefeiert wird – mit Leidenschaft, Begeisterung und typisch bayerischem Flair.
Die Wurzeln: Wie Football nach Deutschland kam
Bevor die NFL mit voller Wucht nach Deutschland kam, war American Football eine Randsportart. In den 1980er- und 1990er-Jahren fanden zwar bereits sogenannte American Bowls in Europa statt, darunter einige Spiele in Berlin und Frankfurt, doch sie hatten mehr Showcharakter als sportliche Bedeutung.
Erst mit der Gründung der NFL Europe in den 1990ern bekam der Sport hierzulande Struktur. Teams wie die Frankfurt Galaxy, Berlin Thunder oder Rhein Fire begeisterten zehntausende Fans, ehe die Liga 2007 eingestellt wurde.
Trotz des Endes der NFL Europe blieb das Interesse bestehen. Durch Social Media, Fernsehübertragungen auf ProSieben MAXX und Streamingdienste entstand eine neue Generation deutscher Football-Fans.
Die NFL registrierte das aufmerksam – und begann, sich systematisch auf den europäischen Markt vorzubereiten.
München wird Gastgeber: Das historische NFL-Spiel 2022
Am 13. November 2022 war es dann so weit: Die Tampa Bay Buccaneers traten gegen die Seattle Seahawks an – das erste reguläre Saisonspiel der NFL in Deutschland überhaupt.
Die Allianz Arena war bis auf den letzten Platz gefüllt. Schon Stunden vor dem Kickoff zogen Menschen in Trikots aller 32 Teams durch die Straßen. In den Fan-Zonen herrschte Volksfeststimmung – eine Mischung aus Oktoberfest, Super Bowl und Musikfestival.
Als die US-Hymne erklang und das Stadion in rotes, weißes und blaues Licht getaucht wurde, stand München Kopf. Selbst erfahrene Sportjournalisten sprachen von einer „Gänsehaut-Atmosphäre, die ihresgleichen sucht“.
Tom Brady, damals noch aktiv, führte seine Buccaneers zu einem 21:16-Sieg. Doch wichtiger als das Ergebnis war die emotionale Wucht des Events.
Fans sangen gemeinsam „Country Roads“, Spieler posteten Fotos mit bayerischen Fans in Lederhosen, und in den sozialen Medien ging das Event viral.
Wirtschaftlicher und kultureller Effekt: Wenn Football die Stadt verändert
Die NFL ließ die Wirkung des Spiels wissenschaftlich untersuchen. Das Ergebnis: Der wirtschaftliche Gesamteffekt lag bei über 70 Millionen Euro.
Hotels waren ausgebucht, Restaurants verzeichneten Rekordumsätze, Taxis, U-Bahnen und Bars platzen aus allen Nähten. Über 30 % der Gäste reisten aus dem Ausland an – ein massiver touristischer Schub mitten im November.
Auch für Münchens Image war das Spiel ein Gewinn. Die Stadt präsentierte sich als weltoffene, sportbegeisterte Metropole, die internationale Events mit Präzision und Leidenschaft umsetzt.
Der American Football boomte auch lokal: Vereine wie die Munich Cowboys oder Munich Ravens meldeten einen Zuwachs an Mitgliedern. Schulen begannen, Flag Football-Programme anzubieten. Selbst Sportgeschäfte in der Innenstadt erweiterten ihr Sortiment um NFL-Trikots und Fanartikel.
Was sich in München abspielte, war nicht nur ein Event – es war der Start einer Bewegung.
Die NFL International Series: Globale Liga, lokale Leidenschaft
Die NFL International Series ist das Herzstück der globalen Expansionsstrategie der amerikanischen Liga. Seit 2007 werden reguläre Saisonspiele außerhalb der USA ausgetragen – zunächst in London, später auch in Mexiko, Brasilien und Deutschland.
Ziel ist klar: Die NFL will keine US-Liga bleiben, sondern eine globale Sportmarke werden. Mit über 180 Millionen Fans weltweit und steigenden Quoten in Europa ist dieser Weg erfolgreich.
Deutschland gilt dabei als Schlüsselmarkt. Kein anderes Land außerhalb Nordamerikas hat so viele aktive Football-Fans. Über 3 Millionen Deutsche verfolgen regelmäßig NFL-Spiele – Tendenz steigend.
Deshalb war München 2022 der perfekte Testlauf: Eine internationale Stadt mit modernem Stadion, Top-Infrastruktur und einer Bevölkerung, die große Sportveranstaltungen liebt.
2024: Die Rückkehr der NFL nach München
Nach dem überwältigenden Erfolg von 2022 kehrte die NFL im Herbst 2024 zurück nach München. Dieses Mal hieß das Duell Carolina Panthers vs. New York Giants.
Wieder war die Allianz Arena ausverkauft. Rund 70 000 Zuschauer sorgten für eine Atmosphäre, die lautstark und herzlich zugleich war.
Das Rahmenprogramm war noch größer als beim ersten Mal:
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Eine Fan-Meile in der Innenstadt mit Foodtrucks, Live-Musik und Autogrammstunden.
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Public Viewings auf dem Odeonsplatz.
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Sonderzüge aus Nürnberg, Stuttgart und Wien.
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Kooperationen mit Münchner Hotels, Bars und Gaststätten.
Die Stadt war für ein Wochenende komplett im Football-Fieber. Viele Münchner berichteten, dass sie erstmals verstanden, warum Football-Fans so leidenschaftlich feiern – es ist mehr als Sport, es ist Kultur.
2025 – München bleibt auf dem Spielplan
Im Mai 2025 bestätigte die NFL offiziell: München wird auch im November 2025 wieder Austragungsort eines regulären Saisonspiels.
Am 9. November 2025 treffen die Atlanta Falcons auf die Indianapolis Colts.
Damit ist München die erste Stadt außerhalb der USA, die drei reguläre NFL-Spiele innerhalb von vier Jahren austrägt – ein klares Zeichen dafür, welchen Stellenwert der Standort inzwischen hat.
Die Kooperation zwischen der NFL, der Stadt München und dem FC Bayern (als Betreiber der Allianz Arena) funktioniert reibungslos. Für die Liga ist München ein Paradebeispiel dafür, wie internationale Spiele wirtschaftlich, organisatorisch und atmosphärisch perfekt umgesetzt werden können.
Konkurrenzkampf: München, Frankfurt, Berlin
Natürlich hat München Konkurrenz – und die ist stark.
Frankfurt hat ebenfalls bereits zwei Spiele ausgerichtet. Die Stadt punktet mit zentraler Lage und einem engagierten Publikum, allerdings ist das Stadion kleiner.
Berlin wiederum hat mit dem Olympiastadion einen riesigen Standort und politisches Gewicht – die Hauptstadt hat 2024 offiziell angekündigt, sich um künftige NFL-Games zu bewerben.
Trotzdem sehen viele Experten München als Favoriten:
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Infrastruktur: Flughafen, Hotels, Verkehrsnetz auf Weltklasse-Niveau.
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Erfahrung: Von Champions-League-Finalen bis zu EM-Spielen – München kann Großevents.
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Stimmung: Die Kombination aus bayerischer Herzlichkeit und internationaler Offenheit schafft ein unvergleichliches Flair.
Die NFL selbst betont immer wieder, dass München Maßstäbe gesetzt hat. Die Begeisterung der Fans, die Professionalität der Organisation und der wirtschaftliche Erfolg sind Referenzwerte für andere Länder.
Wird sich München wieder offiziell bewerben?
Offiziell gibt es keine Langfristzusage über 2025 hinaus, doch vieles deutet darauf hin, dass München weiter eine zentrale Rolle spielen wird.
Die NFL plant, die Zahl der internationalen Spiele in den kommenden Jahren zu verdoppeln – von fünf auf acht pro Saison.
Da Deutschland den größten europäischen Markt bildet, ist es wahrscheinlich, dass mindestens zwei Spiele pro Jahr hier stattfinden werden.
Insider sprechen davon, dass München gemeinsam mit Frankfurt oder Berlin einen Rotationsplan erhält – also alle zwei Jahre ein Spiel austrägt. Die Bewerbungsfenster laufen frühzeitig, meist zwei bis drei Jahre vor dem geplanten Termin.
Somit könnte München sich bereits 2026/2027 für weitere Austragungen positionieren.
Die Allianz Arena, die touristische Infrastruktur und der hohe Zuspruch der Fans machen die Stadt weiterhin zu einem Top-Kandidaten.
Football in München – eine neue Sportkultur entsteht
Inzwischen ist American Football ein fester Bestandteil der Münchner Freizeitkultur.
Sportbars wie die Champions Sports Bar am Karlsplatz oder das Kennedy’s in der Innenstadt übertragen regelmäßig Spiele.
Während der NFL-Playoffs verwandeln sich Bars und Clubs in kleine US-Arenen – inklusive Chicken Wings, Cheerleader-Shows und Musik aus den Staaten.
Die Munich Cowboys (gegründet 1979) profitieren besonders stark vom Boom. Die Zuschauerzahlen steigen, neue Sponsoren kommen hinzu, und immer mehr Jugendliche melden sich zum Training an.
Auch Flag Football – die kontaktlose Variante – gewinnt in Schulen und Jugendprogrammen an Bedeutung.
Das Phänomen zeigt: Die NFL hat mehr bewirkt als ein Event. Sie hat in München eine neue Sportbewegung ausgelöst.
